Große Sorgen vor Carbon Leakage

Große Sorgen vor Carbon Leakage Können die energieintensiven Industrien überleben?

Eine gute Plattform bot der Verein EnergieDialog 2050 drei ausgewählte Grundstoffindustrien. Ulf Gehrckens (Aurubis AG), Roderik Hömann (Wirtschaftsvereinigung Stahl) und Thomas Mock (Hydro Aluminium) berichteten über ihre Sorgen hinsichtlich der Energiekosten im weltweiten Wettbewerb angesichts steigender CO2-Preise und anderer politischer Kosten im Hinblick auf die nächste Handelsperiode des Europäischen Emissionshandels für die Jahre 2021 bis 2031. Wenn es nicht gelingt, die Energielosen für die betroffenen Branchen auf das internationale Niveau zu drücken, wird es in Deutschland in zehn Jahren keine Grundstoffindustrien mehr geben, die aber Ausgangspunkt fast aller industrieller Wertschöpfungsketten sind. Ein Teil der betroffenen Industrien bekam in den vergangenen Jahren eine Strompreiskompensation nach einem Benchmark System, allerdings nur für einen Teil der Mehrkosten. Andere Industrien sind kaum benchmark fähig und wurden pauschalisiert entlastet. Das hat in Zeiten billiger CO2-Zertifikate auch funktioniert, stößt aber angesichts von CO2-Preisen zwischen 25 und 30 Euro je Tonne an wirtschaftliche Grenzen. Ein großer Teil der Gewinne wird jetzt schon durch die Energiemehrkosten aufgefressen, dies sind Gewinne, die zum Umbau der Industrien in Richtung Klimaneutralität dringend gebraucht werden. Dazu kommt, dass sowohl Aluminium als auch Stahl und Kupfer in rasantem Tempo ihre Recyclingquote steigern, was aber wiederum mit noch mehr Stromverbrauch einhergeht. Rohstoffe schützen durch Recycling wird in diesem System bestraft. Der Vorsitzende des EnergieDialog 2050 e.V. Reinhard Schultz schlug deswegen auch vor, die Strompreiskompensation über eine stoffstrombilanzielle Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Gefährlich sind die Pläne der EU, die Zahl der Industriesektoren, die überhaupt in den Genuss von Strompreiskompensation kommen, deutlich zu verringern und zugleich diese Subvention degressiv stark abzusenken.

Matthias Dümpelmann, Reinhard Schultz, Ulf Gehrckens, Thomas Mock, Roderik Hömann, Marie-Luise Dött, Bernd Westphal

 Für die Regierungskoalition nahmen die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion Marie-Luise Dött und Bernd Westphal, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, teil. Beide gaben zu, dass die Bundesregierung auf die ersten Vorschläge der EU-Kommission vom Februar 2018 gar nicht reagiert habe und dass die angepasste Carbon-Leakage-Liste zeitnah im Amtsblatt der EU veröffentlicht werde. Allerdings haben beide für ihre Fraktionen eine gemeinsame Stellungnahme verfasst, die die Vorschläge der EU nicht akzeptiert. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, deutlicher und lauter als bisher die industriepolitischen Interessen Deutschlands zu vertreten. Interessant war auch der Beitrag der Abgeordneten Ingrid Nestle (Bündnis 90 /Die Grünen), die eine am CO2-Inhalt von Produkten orientierte Klimaabgabe auf Endprodukte gegenüber der Umsetzung einer Cross-Border-Tax favorisiert. Dies erschien den Industrieberatern, aber auch den Koalitionsfraktionen zu kompliziert und bürokratisch, und würde kurzfristig auch nicht helfen. Dem Vorschlag, die energieintensiven Industrien sollten doch mehr erneuerbare Energien einsetzen, die doch viel billiger als Fossile seien, wurde heftig widersprochen. Nicht die Erzeugung der Erneuerbaren sei der entscheidende Kostenpunkt, sondern deren Absicherung durch Kraftwerke oder Speicher, sowie der Ausbau der Netze. Auch in einer Welt mit 100 Prozent erneuerbaren Energien wäre im internationalen Wettbewerb eine Strompreiskompensation notwendig.

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